Interview: Neue Auslandsbeauftragte für Südafrika nimmt Arbeit auf

Anja Tambusso-Ferraz ist unsere neue Frau für das südliche Afrika. Als Thüringer Auslandsbeauftragte bereichert sie seit Juni 2019 unser Team und unterstützt Thüringer Unternehmen bei ihrem Markteintritt in der Region. Wir haben Frau Tambusso-Ferraz getroffen und sie zu aktuellen Trends, Fallstricken und Chancen des Außenhandelsgeschäfts mit Südafrika befragt.

Auslandsbeauftragte für Südafrika: Anja Tambusso-Ferraz

 Eine persönliche Frage vorab: Was reizt Sie besonders an Südafrika und wieso haben Sie Ihren Lebensmittelpunkt an das Kap der guten Hoffnung verlegt?

„Über Freunde und Bekannte aus meiner Heimatregion Lippe/Detmold kam ich 1991 zum ersten Mal nach Südafrika. Ich habe mich sofort in das Land verliebt, insbesondere in die Vielfalt der Kulturen, die Offenheit und Freundlichkeit der Menschen, aber auch in die wunderschönen Landschaften, die das Land zu bieten hat.“

Wie schätzen Sie die aktuelle wirtschaftliche Lage in Südafrika ein? 

„Die aktuelle wirtschaftliche Lage ist einerseits durch eine gewisse Unsicherheit und zum anderen durch eine neue Zuversicht gekennzeichnet: Die Unsicherheit zeigt sich vor allem bei staatseigenen Firmen. Die neue Regierung unter Präsident Ramaphosa wird noch einige Arbeit in die Erneuerung dieser Unternehmen investieren müssen. Im Privatsektor sind die Aussichten für Thüringer Unternehmen besser. Das gilt vor allem für die Bereiche Bergbau und Zuliefererindustrie. Die ‚Lähmung‘ der vergangenen Jahre scheint überwunden und es gibt vermehrt Investitionen. Insgesamt ist Südafrika für deutsche Unternehmen sehr interessant. Dies wird durch die wachsenden Handelszahlen unterstrichen. Wir erwarten für dieses Jahr ein Handelsvolumen von ca. 18 Mrd. Euro, bei deutschen Exporten von ca. 10 Mrd. Euro und südafrikanischen Exporten von rund acht Milliarden Euro.“ 

In welchen Bereichen ist deutsches bzw. Thüringer Know-how besonders gefragt?

„Der Maschinenbau konnte in den vergangenen Monaten erfreulich zulegen, in diesem Jahr dürften hier die deutschen Exporte um circa acht Prozent ansteigen. Ein weiterer Wachstumssektor liegt momentan in der Landwirtschaft und in der Nahrungsmittelverarbeitung. Auch hier profitiert der Maschinenbau durch Exportchancen. In Südafrika werden zudem zunehmend umweltverträgliche Pflanzenschutzmittel nachgefragt, was für deutsche und speziell für Thüringer Unternehmen weitere Anknüpfungschancen bietet. Schließlich, und das betrifft nicht nur, aber sehr stark das Westkap, spielt intelligentes Wassermanagement – von der Frischwasseraufbereitung bis hin zur Abwasserwirtschaft – eine immer wichtigere Rolle. In Provinzen mit Bergbau, sind Verfahren zur Reinigung schwermetallbelasteten Abwässer gefragt, womit sich weitere Anknüpfungspunkte für ausländische Investoren bieten.“

Welche Erfahrung haben Sie bei der Begleitung deutscher Unternehmen beim Markteinstieg in Südafrika gemacht? Welche Markteintrittsbarrieren sollten klein- und mittelständische Unternehmen beachten?

„Grundsätzlich raten wir deutschen Unternehmen immer drei vorbereitende Schritte an: Zunächst sollten Unternehmen den Markt genau kennenlernen, insbesondere Nischenmärkte.  Hierbei unterstützen wir sie durch Marktstudien und -reports. Anschließend empfiehlt sich eine sorgfältige Prüfung möglicher Partner vor Ort, denn ein Markteintritt ohne vertrauenswürdigen Partner zu wagen, ist nicht ratsam, vor allem wenn die Beschaffungslinien nicht sehr breit aufgestellt sind. Das gilt insbesondere bei Konsumgütern. Hier bietet die Industrie- und Handelskammer für das südliche Afrika Unterstützung. Sie prüft Vertriebswege, die Kreditwürdigkeit möglicher Partner und vieles mehr. Schließlich ist es wichtig, gezielt bei möglichen Partnern vorgestellt zu werden. Hier hilft die individuelle Geschäftspartnervermittlung der Kammer, die alle vorgenannten Schritte zusammenfasst.“

In welchen Bereichen können Sie Thüringer Unternehmen erfolgreich in der Marktbearbeitung unterstützen?

„Wir unterstützen Thüringer Unternehmen durch Informationen über den Markt, durch Markteinstiegsstrategien und einfach mit praktischen Tipps. Einer der wichtigsten Faktoren für einen gelungenen Markteintritt ist der Kontakt zum Netzwerk deutscher Firmen, die in der Anfangszeit dieselben Herausforderungen beim Markteinstieg hatten und diese Erfahrungen weitergeben können. Häufig ergibt es sich auch, dass Produkte oder Dienstleistungen die anderer Unternehmen ergänzen und mitunter gemeinsam angeboten werden können. Unsere Aufgabe ist es, den Markteinstieg so einfach und so erfolgreich wie möglich für das Unternehmen aus Thüringen zu gestalten.“