Unsere Fokusmärkte im Zeichen der Corona-Krise – ein Stimmungsbild zwischen Hoffen und Bangen

Bild: LEG Thüringen

Eine aktuelle Umfrage bei unseren Auslandsbeauftragten und –experten zeigt: Die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage in den wesentlichen Zielmärkten China, USA, Lateinamerika, Südafrika, Indien, Russland und Vietnam schwankt zwischen vorsichtiger Hoffnung auf eine baldige deutliche Besserung und der Beobachtung eines beklemmenden Rückgangs der ökonomischen Parameter. Überall haben die Regierungen mit einem „Lockdown“ strikte Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ergriffen – und damit ihre Volkswirtschaften einem massiven Stresstest mit teilweise gravierenden Verwerfungen ausgesetzt. Die Frage ist, wie schnell die ökonomische Entwicklung auf den erhofften anschließenden Aufhol- und Wachstumskurs (zurück-)geführt werden kann.

Am ehesten Licht am Ende des Tunnels sieht China, zeigen hier doch die Maßnahmen des „Lockdowns“ – weil am frühesten begonnen – schon länger Wirkung. Im Vergleich zum Vormonat März zeigt sich bereits eine Verbesserung verschiedener Wirtschaftsindikatoren; betrachtet man beispielsweise den logistischen Sektor, so zeigt sich eine erfreuliche Normalisierung des Eisenbahnverkehrs, der Zivilluftfahrt und des Wassertransports; das Volumen der Expresslieferdienste hat das Niveau des Vorjahreszeitraums sogar schon deutlich überschritten. All dies lässt hoffen, dass die Auswirkungen der Pandemie nur kurzfristiger Natur sind und die positive langfristige wirtschaftliche Entwicklung Chinas nicht beeinträchtigen werden.

Ausgangssperren, Schließungen nicht relevanter Wirtschaftsbereiche und der gesunkene Ölpreis haben die Wirtschaft der USA stark in Mitleidenschaft gezogen. Beinahe die gesamte Industrie steht landesweit still, eine Ausnahme bilden nur die Hersteller von Waren des täglichen Bedarfs. Die Investitionsbank Goldman Sachs prognostiziert für das 1. Quartal eine Herabsenkung des Bruttoinlandsprodukts um 9 % und für das 2. Quartal um 34 %. Die Regierung greift mit massiven Finanzhilfen ein: Zuschüsse in Höhe von 2,2 Billionen US-Dollar aus dem Konjunkturpaket CARES sollen die Auswirkungen der Pandemie eindämmen. Für die Länder Lateinamerikas kommt in der Krise unter anderem die geringere Nachfrage nach Produkten ihrer Region zum Tragen. So hat beispielsweise China seine Bedarfe an Rostoffen und Vorprodukten minimiert. Argentinien, Brasilien und Uruguay haben in größeren Umfang Schutzmaßnahmen und Finanzbeihilfen auf den Weg gebracht, darunter sind Sonderkredite für kleine und mittelständische Betriebe sowie der Aufschub für Steuerzahlungen. Mexiko ist zwar weniger als seine Nachbarländer auf den Verkauf von Rohstoffen angewiesen und hat bisher vergleichsweise wenig Schutzmaßnahmen ergriffen, allerdings bricht mittlerweile hier auch die Nachfrage nach PKWs und Elektrogeräten ein.

Länder mit einem auch weltweit vergleichbar striktem „Lockdown“ sind Südafrika und Indien. In Südafrika sind weite Teile der Wirtschaft zum Erliegen gekommen, typischerweise haben die Maßnahmen vor allem Tourismus, Transport, Gastgewerbe und weite Teile des Einzelhandels (ausgenommen Grundnahrungsmittel) schwer getroffen. Schätzungen zur Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts schwanken zwischen 4,8 % und 10 %. Vergleichsweise gut halten sich die Sektoren der Energie, des Bergbaus und der Lebensmittelversorgung. Die Hoffnungen richten sich zudem auf erste Lockerungen ab Anfang Mai, wenn beispielsweise der Frachtverkehr für Flugzeuge wieder zugelassen wird; der Personentransport könnte Ende Mai folgen. In Indien betrifft mehr als die Hälfte der erfassten Krankheitsfälle die wirtschaftlich wichtigen Bundesstaaten Gujarat und Maharashtra, in denen auch viele Thüringer Firmen ansässig sind. Am 24. März wurde ein strikter „Lockdown“ verhängt, die größte Ausgangssperre der Welt für rund 1,4 Milliarden Menschen. Die folgenden wirtschaftlichen Verwerfungen haben dazu geführt, dass die Wachstumsprognosen von den Rating-Agenturen von 5% auf rund 2% heruntergesetzt wurden. In den vergangenen Tagen wurden jedoch erste Lockerungen unter anderem für produzierende Unternehmen verkündet, und es wird eine schrittweise Öffnung des innerindischen Personen- und Warenverkehrs ab dem 4. Mai angestrebt.

Auch Russland trotzt der Krise, wobei nach Angaben der Alfa-Bank das flächenmäßig riesige Land von der Tatsache profitiert, dass vergleichsweise wenig Menschen in Großstädten und Ballungszentren leben. Ein Vorteil des Landes ist nach Angaben von Beobachtern zudem sein geringer Anteil an kleinen und mittelständischen Unternehmen, die strukturell weltweit am meisten von Einschränkungen betroffen sind. Die Regierung gibt der Industrie Unterstützung, so werden Autofabriken Corona-Hilfen des Staates erhalten, um in diesem wichtigen Wirtschaftszweig für Stabilität zu sorgen. Ein Rückgang der russischen Wirtschaftsleistung wird aber in diesem Jahr wie an vielen anderen Orten weltweit kaum zu vermeiden sein; die US-Ratingagentur Fitch geht momentan von einem Rückgang in Höhe von 3,3 % aus.

Zu einem frühen Zeitpunkt wurden Einschränkungen in Vietnam umgesetzt, was nach Regierungsangaben zur relativ erfolgreichen Eindämmung der Pandemie, aber natürlich auch zu wirtschaftlichen Einbrüchen führte. Vor allem die Branchen Tourismus, Handel, Gastronomie und Kultur/Unterhaltung waren sehr betroffen. Nach derzeitigen Prognosen wird die vietnamesische Wirtschaft jedoch auch 2020 weiter wachsen – allerdings nur noch mit halb so hohen Raten: Für die Gesamtwirtschaft rechnet man nun mit einem Wachstum in Höhe von 3,5 % (statt wie geplant 7%), für den Dienstleistungssektor im speziellen sind es 4 % (was der Hälfte des Vorjahreswachstums entspräche). Hoffnungen richten sich auf eine wirtschaftliche Erholung bei den wichtigen Handelspartnern USA, EU; Japan und Singapur ab Mai 2020.