Mit interkulturellem Gespür zum Erfolg!

Die beste Geschäftsidee nützt wenig, wenn sie an der Lebensrealität der Menschen in einem fernen Land vorbei geht. Das Wissen um und ein Gespür für die kulturellen Besonderheiten des Landes, in das man erfolgreich exportieren will, sind daher Grundvoraussetzung für den eigenen wirtschaftlichen Erfolg.

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Prof. Dr. Jürgen Bolten

Einer, der um den Stellenwert interkulturellen Verständnisses in Unternehmen weiß, ist Jürgen Bolten. Als Professor für Interkulturelle Wirtschaftskommunikation an der Friedrich-Schiller-Universität Jena gehört er zu den ausgewiesenen Fachleuten dieses Wissenschaftszweiges und zu den Mitbegründern des Fachbereichs Interkulturelle Wirtschaftskommunikation in Jena, der in diesen Tagen sein 25-jähriges Bestehen feiert. Für uns Grund genug, um bei Professor Bolten kurz zur Notwendigkeit interkulturellen Gespürs für den Aufbau von Außenhandelsbeziehungen nachzuhaken:

Herr Professor Bolten, was ist wichtiger, um als Thüringer Unternehmen auf ausländischen Märkten Fuß zu fassen: Know-how und eine gute Geschäftsidee oder interkulturelles Gespür? 

„Ich denke, beides ist gleich wichtig, und das Eine kommt ohne das Andere nicht aus: Eine gute Geschäftsidee entstammt immer einem bestimmten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umfeld und wird woanders eventuell nicht verstanden, weil das Umfeld ein anderes ist. Man muss also in der Lage sein, die Idee auch denen zu erklären, die erst einmal vielleicht nur wenig damit anfangen können. Und genau dies - vielleicht auch noch in einer fremden Sprache - ist ohne interkulturelles Gespür oft nicht möglich. Am wichtigsten ist aber vermutlich die eigene Begeisterung für die Sache, die man vertritt - und die Fähigkeit, andere ebenfalls davon begeistern zu können.“

Ihr Tipp für Thüringer Unternehmen: Wie bekommt man interkulturelles Gespür, mit dem man Geschäftstermine im Ausland erfolgreich absolviert? In welchen Regionen ist ein solches Gespür besonders wichtig?

„Interkulturelles Gespür oder interkulturelle Kompetenz sind überall dort wichtig, wo man selbst oder der Geschäftspartner sich unsicher fühlt, weil Sachverhalte und Handlungssituationen unvertraut, ‚unnormal‘ und unplausibel sind, und man zunächst auch keine Regeln (er-)kennt, um Plausibilität und Handlungssicherheit zu erzeugen. Das kann in allen Regionen der Fall sein. Grundsätzlich gilt: Je mehr Erfahrungen jemand in einer Region bereits gesammelt hat, desto eher wird er in der Lage sein, entsprechende Regeln zu identifizieren oder mit seinem Gegenüber auszuhandeln.“

Welche Unterstützungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten bieten Sie mit Ihrer wissenschaftlichen Arbeit aber auch über den Verein interculture.de e.V. für Thüringer Unternehmen?

„Unsere Hochschulgruppe 'idea' konzipiert für Unternehmen interkulturelle Trainings/Coachings und führt sie in enger Absprache mit den Auftraggebern durch. Dadurch, aber auch durch Praxisprojekte unserer Studierenden aus dem Master ‚Interkulturelle Personalentwicklung und Kommunikationsmanagement‘, wird in idealer Weise eine Brücke zwischen Theorie und Praxis geschaffen. In der Forschung arbeiten wir zur Zeit intensiv an Modellen zum interkulturellen Wissensmanagement: Entsandte sammeln an Auslandsstandorten vielfältige Erfahrungen, die aber meist nicht in nachhaltiger Weise in das Unternehmenswissen und in die Unternehmenskommunikation einfließen. Unsere ‚Experience Map‘ bietet uns hierfür auf der Grundlage digitaler Medien aktuelle Erkenntnisse der Personal- und Organisationsentwicklung sehr passfähige und wirkungsvolle Lösungen an. Der vor inzwischen 20 Jahren ausgegründete Verein 'Interculture e.V.' bietet - digital unterstützt - Weiterbildungszertifikate wie ‚Change Management‘, ‚Interkultureller Trainer/Coach/ Mediator‘ an.“

Herr Professor Bolten, vielen Dank für das Gespräch!