Hat Trump einen Handelskrieg begonnen?

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Gastbeitrag von Justin S. Hepworth, Jurist bei Foran Glennon, Las Vegas/ USA

Am 8. März 2018 kündigte US-Präsident Donald Trump neue Schutzzölle auf den Import von Stahl und Aluminium an.  Dieser Artikel erläutert Gründe, Rechtmäßigkeiten, Ausnahmen und Auswirkungen der Zölle.

Um welche Zölle geht es?
Die neuen Zölle auf Stahleinfuhren betragen 25% und auf die Einfuhren von Aluminium 10%. Diese neuen Zölle traten am 23. März 2018 in Kraft und betreffen zunächst den Handel mit Ländern ohne Ausnahmeregelung, wie z.B. China.

Warum werden die Zölle eingeführt?
Aus Sicht des US-Präsidenten sind die Zölle notwendig, um die nationale Sicherheit zu schützen. Seiner Auffassung nach greifen ausländische Handelspraktiken die Stahl- und Aluminiumindustrie in den USA in unfairer Weise an. Insbesondere würden Länder wie China den amerikanischen Markt mit billigem Stahl und Aluminium fluten, was zu „geschlossenen Fabriken“ und zum „drastischen Niedergang ganzer Viertel“ geführt habe. Präsident Trump zufolge sei dies nicht nur eine wirtschaftliche Katastrophe, sondern auch eine sicherheitspolitische Katastrophe.

Stehen diese Zölle im Einklang mit internationalem Recht?
Die Trump-Regierung beruft sich auf Artikel XXI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT). Mittels dieses Artikels können Ausnahmeregelungen vom internationalen Handelsrecht getroffen werden, die mit der nationalen Sicherheit begründet werden. Diese Ausnahmeregelungen erlauben es einem Land, Maßnahmen zu treffen „die es zum Schutz seiner Sicherheit (…) für erforderlich hält“, um „wesentliche Sicherheitsinteressen“ zu schützen, die auf Handelsbeziehungen beruhen und die „unmittelbar oder mittelbar für die Versorgung der bewaffneten Streitkräfte bestimmt sind” oder „im Falle einer anderen ernsten internationalen Spannung“ notwendig sind.  Aufgrund der Tatsache, dass es nur wenige Präzedenzfälle für die Auslegung dieser  Rechtsvorschrift gibt, ist nicht klar, ob die neuen Zölle auf Basis dieser nationalen Sicherheitsausnahmen rechtssicher begründet sind. Da der Großteil des importierten Stahls und Aluminiums von zuverlässigen Partnern stammt, scheint die angebliche Bedrohung der nationalen Sicherheit nur ein Vorwand zu sein. Da jedes Mitgliedsland auf Grundlage des Artikels zu eigenen Entscheidungen kommen kann, könnte es jedoch möglich sein, dass die Welthandelsorganisation (WTO) nicht befugt ist, der US-Regierung zu untersagen, sich auf diesen Artikel zu berufen.

Werden die neuen Zölle einen Handelskrieg auslösen?
Nach der Ankündigung der neuen Stahl- und Aluminiumzölle durch die Trump-Regierung veröffentlichte die Europäische Union (EU) umgehend eine Liste von US-Produkten, die sie mit Gegenmaßnahmen treffen könnte. Zu diesen Produkten gehören u.a. Harley-Davidson-Motorräder, Levi's Jeans, Bourbon Whiskey, Erdnussbutter und Orangensaft.

Daraufhin antwortete Präsident Trump auf Twitter, dass die USA bereit seien, Autos deutscher Hersteller zu besteuern. Er bekräftigte diese Absicht im Rahmen einer Kundgebung in Pennsylvania: „Wir werden Mercedes-Benz besteuern, wir werden BMW besteuern“, wenn die EU die Handelsbarrieren für US-Importe nicht senke. Trotz dieser Rhetorik versuchen die Unterhändler der EU und der USA, den Konflikt zu entschärfen und einen Handelskrieg zu vermeiden. Tatsächlich hat die EU aktuell eine vorübergehende Ausnahmeregelung von den Zöllen erhalten.

Als Reaktion auf die Stahl- und Aluminiumzölle hat China Zölle in Höhe von 3 Milliarden US-Dollar für US-Agrarprodukte verhängt, darunter Schweinefleisch, Wein, Obst und Nüsse. Im April 2018 verschärfte sich der Konflikt zwischen den USA und der Volksrepublik. Die USA definierten eine Liste mit 1.300 chinesischen Produkten, wie beispielsweise Fernseher, Autos, Kopierteile, Aluminiumlegierungsplatten und Festplatten, die mit US-Zöllen belegt werden könnten. China reagierte sofort mit der Vorlage einer eigenen Liste mit 106 Produkten, auf der u.a. Autos, Flugzeuge, Sojabohnen, Mais, Hirse, Whiskey, Rindfleisch, Tabak, Baumwolle und Plastikprodukte stehen. Trotz der Zusicherungen von Larry Kudlow, Präsident Trumps neuem Wirtschaftsberater, dass „hier kein Handelskrieg stattfindet“ und die Gefahr der Einführung von Zöllen bislang nur theoretisch sei, scheinen die neuesten Tweets von Präsident Trump darauf hinzudeuten, dass er nicht bereit ist, auf einen Handelskrieg zu verzichten: „Wir sind nicht in einem Handelskrieg mit China. Dieser Krieg wurde vor vielen Jahren von törichten oder inkompetenten US-Repräsentanten verloren. Aktuell haben wir ein Handelsdefizit von 500 Milliarden Dollar pro Jahr und einen zusätzlichen Diebstahl an geistigem Eigentum von 300 Milliarden Dollar. Das können wir nicht hinnehmen!“ Später twitterte er: „Wenn Du schon 500 Milliarden Dollar verloren hast, kannst Du nicht verlieren!“

Nachdem die USA und China ihre gegenseitigen Drohungen ausgetauscht hatten, wies Präsident Trump den US-Handelsbeauftragten im April 2018 an, „darüber nachzudenken, ob Zusatzzölle in Höhe von 100 Milliarden US-Dollar angemessen wären (…) und wenn ja, Produkte zu identifizieren, auf welche diese Zölle verhängt werden könnten.“ Das chinesische Handelsministerium antwortete, dass es bereit sei, „umfassende Gegenmaßnahmen“ zu verabschieden und dass „China keinen Handelskrieg will“, aber “keine Angst davor“ habe, „einen Handelskrieg zu führen.“

Gibt es Möglichkeiten, von den neuen Zöllen befreit zu werden?
Ja, es gibt Ausnahmen bei der Erhebung der neuen Stahl- und Aluminiumzölle. Sie gelten nicht für Einfuhren aus Kanada oder Mexiko, solange diese Länder Fortschritte dabei machen, das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA) neu zu verhandeln.  Die Trump-Regierung hat kürzlich ebenfalls angekündigt, dass die EU und vier weitere Partner - Australien, Argentinien, Brasilien und Südkorea - eine vorübergehende Ausnahmereglung von den Zöllen erhalten.  Präsident Trump hat andere Nationen aufgefordert, Ausnahmen zu beantragen, sollten sie „alternative Möglichkeiten [haben], drohende Beeinträchtigungen der nationalen Sicherheit durch Einfuhren aus diesem Land abzuwenden“.

Wird die EU von den Zöllen ausgenommen?
Ja, die EU hat eine vorübergehende Ausnahmeregelung von den Zöllen erwirkt.  Die Trump-Administration plant jedoch, dauerhafte Ausnahmen an Maßnahmen zum Ausgleich von Handelsungleichgewichten sowie an finanzielle Beiträge zum Nordatlantikpakt (NATO) zu knüpfen.

Wie würde sich ein Handelskrieg auf Deutschland auswirken?
Nach Angaben der International Trade Administration, welche dem US-Wirtschaftsministerium unterstellt ist, belegte Deutschland 2017 Platz fünf der weltweit führenden Stahlexporteure. Obwohl die Vereinigten Staaten im gleichen Jahr lediglich Rang sieben der wichtigsten Exportmärkte deutscher Stahlausfuhren belegten, stieg ihr Anteil mit 21% am signifikantesten. Angesichts der Bedeutung des US-Marktes für deutsche Stahl- und Fertigfabrikate könnten Zölle (und ein daraus resultierender Handelskrieg) spürbare Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft haben.

Obwohl die vorübergehende Ausnahmegenehmigung direkte Auswirkungen auf Deutschland zunächst abwendet, könnte der eskalierende Handelskrieg zwischen den USA und China doch spürbare Auswirkungen auf die deutschen Autohersteller haben. Chinas Drohung, auf die Einführung von US-Zöllen mit der Einführung einer 25-prozentigen Steuer auf US-amerikanische Autoimporte zu reagieren, hätte erhebliche Auswirkungen auf Unternehmen wie Daimler und BMW. Laut Arndt Ellinghorst, Analyst bei Evercore ISI, „ist dies im Wesentlichen eine Steuer auf süddeutsche Automobile, speziell SUVs von BMW und Mercedes, die in den USA gebaut und nach China exportiert werden.“